Jaspers van’t Hof’s Pili Pili
Jaspers van’t Hof’s Pili Pili
„Es ist nicht so, dass auf einmal ein spezielles Interesse an afrikanischer Musik bei mir aufgetaucht wäre. Wenn schon, dann begann das, als ich mit 13 oder 14 Jahren Musiker wie Cannonball Adderly, Art Blakelys Jazzessengers and Elvin Jones hörte; Art Blakely – sein Triolenspiel z. B. hat etwas ungeheuer Afrikanisches. Die Anziehung durch afrikanische Musik bestand schon immer, allein schon, weil Jazz, Rock, Soul, Blues, ja weite Bereiche der Popszene, weil das alles ohne die afrikanischen Einflüsse undenkbar wäre.“ Jasper van’t Hof
Wenn man so will: Jaspers Meistercoup im Sommer 1984, als er in die von mehr oder minder drögem Mainstream dominierte Club- und Diskothekenlandschaft den elementargewaltigen ‚african funk‘ PILI-PILI platzen ließ, war von langer Hand vorbereitet.
Manifest war des Holländers latente Liebe zur afrikanischen Musikkultur spätestens bei einer 1982/83 unternommenen Tournee geworden, die ihn und Philip Catherine nach Zentralafrika führte: „Wir spielten viel und begeistert mit afrikanischen Percussionisten zusammen; in Zaire erlebten wir die Band von Nono, der dort fast eine Art Verehrung geniesst – zwölf Leute mit Riesentrommeln -, da sagte ich mir, die rhythm-section der nächsten Platte wird ganz anders, die nächste LP machst Du mit african drums.“
Zwar ließ sich (wegen der enormen Reisekosten) ein Studioprojekt mit diesen Musikern nicht realisieren, doch ergab sich der Glücksfall, dass die gerade in England tourende nigerianische Isaac Tagul Group für das Unternehmen gewonnen werden konnte; in unverminderter Stärke stellten sich wieder die vibrations zwischen van’t Hofs quasi ‚osmotischer‘ Begabung und der spielerischen Sensibilität der Afrikaner her. „Wir gingen in London ins Studio, und ich stellte den schwarzen Musikern mein Konzept vor; sie zogen Kopfhörer auf und hörten sich meine basic tracks an. Über die anschließende Frage, welche Stücke aus ihrer Volksmusik jeweils passen würden, gab es enorme Auseinandersetzungen; so weigerte sich die Gruppe z. B., eine 4/5-Komposition zu akzeptieren, weil dieses Metrum ihrer Volksmusik fremd ist – aber in zwei Wochen war das Album perfekt.“
Das Ergebnis war schlicht sensationell und trug seinen Namen Pili-Pili, was in der Landessprache von Zaire ’scharfer Pfeffer‘ heißt, zu Recht: Hier wurde nicht abermals ein fauler Kompromiss ausgekungelt, sondern Schwarz und Weiß entfachten aus der wechselseitigen kulturellen Reibung ein musikalisches Feuerwerk, das auch den spröderen Kompositionen des Albums impressionistische Glanzlichter aufsetzte und in dem über eine Vierltelstunde langen Titeltrack grandios kulminierte – über Nacht war der Name Jasper van’t Hof auch in der Popwelt ein Begriff.
Der gleichnamige Titeltrack des Album wurde ein Diskotheken-Abräumer, der den Nerv der Zeit traf und so ganz nebenbei am Anfang des Ethno-Pop-Jazz-Trends stand. Jasper van’t Hof stellte eine Band zusammen und schrieb Stücke für das Projekt, das dann 1985 erstmalig auf Tour ging.
Bei Pili-Pili wurden zum ersten Mal die komplexen traditionellen Rhythmen Afrikas mit Gesang, Jazz- und Fusion-Elementen zu einer hitzigen, zugleich höchst tanzbaren Melange verdampft. In 20 Jahren Pili-Pili sah und hörte man Musiker und Musikerinnen wie Angelique Kidjo, Nicolas Fiszman, Manfred Schoof, Amancio Batta, Ponda 0´Brian, Philippe Allaert, Annie Whitehead, Marlon Klein, Tony Lakatos, Frank Itt, Izaline Calister, Dra Diarra, Mabinthy Sakho. Die musikalische Entwicklung von Pili-Pili führte über eine Reihe von fast zufällig und spontan entstandenen CDs hin zu mehr und mehr ausgefeilten Produktionen. So ging der Weg über das Konzeptalbum „Nomansland“ mit dem Thema „Geschichte der Sklaverei“ über die CD „Incwadi Yothando“ mit dem Phikelela Sakhula Zulu Choir bis zum Konzeptalbum „Ballads of Timbuktu„, das sich intensiv mit der Geschichte Westafrikas auseinandersetzt. Jasper entwickelte es mit seinem langjährigen Weggefährten Dra Diarra aus Mali, den er besonders schätzt, weil „er ein sehr ausgeprägtes Gespür für Emotionen hat. Er kann die ganze Atmosphäre, das Leben, das Wachsen von Timbuktu in seine Perkussion legen.“
Mit Mabinthy Sakho – O-Ton Jasper: „Sie ist eine meisterliche Sängerin, ihr Timbre ist unglaublich und äußerst anrührend und passt wunderbar zu unseren Texten“ – und dem jungen und hoch talentierten holländischen Trompeter Eric Vloeimans, von dem Jasper sagt, „er steht allen Kulturen sehr offen gegenüber, ist auch jeder Art von Musik aufgeschlossen. Eric kann sein Instrument zum Sprechen bringen und malt auf der Bühne die Bilder von Mali mit seinen Tönen„, setzte Pili-Pili neue Akzente in Sound und Spielweise, integrierte gewisse Ambient-Strukturen, ohne aber das funktionierende Konzept der Ethno-Jazz-Fusion zu verlassen.
Pili-Pili feiern im Januar 2004 ihr 20jähriges Jubiläum – mit einer Jubiläumstour und einigen Gästen aus 20 Jahren Bandgeschichte. Am 25. Januar 1984 erschien die erste CD von Pili-Pili bei JARO – und feiern wir das mit einer besonderen limitierten CD-Box . Im Januar erschien diese Box im Format 20 x 24 cm mit einem 48-seitigem Buch sowie 2 CD’s – einer Best of-CD und einer zweiten CD, die u. a. eine im Herbst 2003 neu eingespielte Version von „Pili Pili„, des alten Pili-Pili- Hits, enthält und einige bisher unveröffentlichte Liveaufnahmen, so z. B. das Stück, das in den letzten sieben Jahren der Höhepunkt jeder Pili-Pili-Zugabe ist: „Marabout„. Sorgfältig editiert gibt diese limitierte Geschenkbox einen Einblick in das Leben und die Entwicklung der Gruppe.